Ich habe eher das Gefühl, dass man nicht so Recht weiß, wie man wirtschaftlich damit richtig umgehen soll. Ein solches Projekt ist auch immer ein (finanzielles) Risiko. Das man eben nicht eingehen will. Denn selbst, wenn es am Ende Erfolg haben sollte, ist die Gefahr hoch, dass erstmal die Aktie einbricht, weil das Ganze als Risiko wahrgenommen wird. Was dann bei neuen Projekten oft darin endet, dass man einfach irgendwie in die Richtung mitschwimmt, was gerade angesagt ist und damit man aus der Masse hervor sticht, wird das in ganz viele PR-Superlative gepackt (Segas Ankündigung zum "Super-Game" passt da IMHO sehr gut rein).Maryokutai hat geschrieben: ↑05.06.2022, 08:51Für mich haben Mini-Konsolen ihre gesamte Faszination verloren. Beim SNES-Mini war ich noch voll dabei (sorry, bin im falschen Forum), aber mittlerweile sehe ich die Sache auch eher kritischer. Der briefmarkengroße Game Gear war glaube ich für mich der Sargnagel der ganzen Geschichte.
Generell ist die Handhabung der eigenen Klassiker bei vielen Publishern derzeit zum Haareraufen schlecht. Abo-Dienste, Mini-Konsolen – das ist alles nicht im Sinne der Präservierung, die für mich im Grunde an erster Stelle bei solchen Veröffentlichungen stehen sollte. Aber das Feld überlässt man ganz offensichtlich lieber der Piraterie.
Um kein Risiko einzugehen, wird entsprechend gemacht, was sich bewährt hat. Erst waren das die Compilations in mehr oder minder regelmäßigen Abständen. Und mit meistens den immer gleichen Spielen. Das nervt mich auch, aber die Wahrheit ist leider: Es wird gekauft. Von daher bin ich schon sehr froh, dass die Minis zumindest teilweise auch andere Spiele mitbringen. Und sei es nur, weil die nicht gezielt für den westlichen Markt erscheinen, sondern einfach überall mehr oder minder gleich sein sollen. Und dann sind das aktuell noch Abo-Dienste, siehe vor allem aktuell Nintendo. Wenn ich mir die Mittel der Wahl anschaue, scheint es dabei vor allem um zwei Dinge zu gehen:
1. Nicht die Kontrolle verlieren abgeben
Deswegen wir eher mehr Abhängigkeit von Cloud-Konstrukten propagiert. Downloads mit massiven DRM-Strukturen, die die Spiele an eine Plattform und einen Account binden und im schlimmsten Fall nicht mal mehr da funktionieren, sollten die Server mal abgeschaltet werden.
2. Gewinnmaximierung
Deshalb wird das ganze immer wieder irgendwie gebundelt. Keine einzelnen Titel verkaufen, sondern ein Bundle, bei dem auch Titel bei sind, die so eher keine Verkaufsschlager wären. Denn dann heißt es "30 Titel für 50€ ist doch ein verdammt guter Kurs". Das man davon eigentlich nur zwei Titel spielen will und, wenn man ehrlich ist, für so ein ROM-File eigentlich nur ein oder zwei € als fairen Preis empfinden würde, geht dabei schnell unter. Abo-System gaukeln einem vor, dass es doch nur ein paar Euros im Monat sind und man sich nicht mit Besitz, Lagerung und Verwaltung rumschlagen muss, das ist ja alles so zeitraubend und teuer. Wenn man mal am Ende Bilanz zieht, was einem das bei Erreichen der EOL des Services gekostet hat und wie viel (oder wenig) man das genutzt hat, relativiert sich das erschreckend. Also wird versucht, den Service am Leben zu erhalten, weiter zu entwickeln und auf dem Weg einfach ein paar alte Titel fallen gelassen, was zum Teil auf das gleiche rauskommt.
Leider sieht es aktuell so aus, als ob die Rechnung für die Unternehmen so aufgeht, auch wenn nebenher Piraterie betrieben wird bzw. betrieben werden muss. Die großen Fälle oder die, die das zu öffentlich betreiben, werden als abschreckendes Beispiel verklagt, stärken damit die Marke, erzeugen PR und spülen im besten Fall auch noch etwas Geld in die Kasse.
Dabei wären für uns Kunden DRM-freie ROMs doch genau das, was wir uns als Kunden wünschen. Runterladen, auf USB-Stick/SD-Karte packen und dann noch ein offizieller Emulator des Herstellers auf jeder Plattform, die man sich denken kann und los geht es. Mit dem Emulator kann der Hersteller dann auch noch gerne Geld verdienen.
Da ist aber die Angst des Kontrollverlustes. Nicht nur, dass man diese Files einfach kopieren und verteilen kann. Dazu kommt leider auch das Problem des Retro-Marktes: Die Original Spiele für die alten Plattformen wechseln zum Teil für richtig hohe Summen den Besitzer auf eBay und Co. Und davon sehen die Hersteller nichts. Allein deswegen will man neue Releases am liebsten nicht mehr in dieser Form ganz den Kunden überlassen.
Wenn man keine Piraterie betreiben will, bleiben wenige Titel bzw. die Einkaufwege sind divers. Macher von aktuellen Spielen für alte Konsolen bieten teilweise ROMs ihrer Werke mit im Bundle an. Bei Kickstarter von Tanglewood habe ich ein ROM mitbekommen. Zum Teil hängen die auch an anderen DL-Käufen mit dran.
Darüber hinaus beginnen dann mehr oder minder grau werdende Zonen. Für den Firecore (Mega Drive-Handheld) gab es teilweise offizielle SD-Karten mit Spielen, die man legal kaufen konnte (In Deutschland über den Weltbild-Verlag). Die kann man natürlich auch in jedes andere Gerät packen, dass die Files von der SD-Karte lesen kann. Wo ist dann die Grenze? Was ist, wenn ich die Dateien auf eine Festplatte oder USB-Stick kopiere, um sie an weiteren Geräten zu nutzen? Mangels Kopierschutz dürfte das kein Problem sein, aber die Fälle, wo das geht, sind sehr überschaubar.
Man kann von Original Modulen mittels Retrode und Co ein Backup erstellen und diese Files dann nutzen. Ob man die proprietären Module selbst einen Kopierschutz darstellen, darüber lässt sich treffend streiten. Mir ist dazu kein aktuelles Urteil bekannt, AFAIK wird diese Methode derzeit von den meisten als Legal angesehen.
Was ist mit den Minis? Ja, das sind geschlossene Systeme, aber mit mehr oder minder großen Aufwand kommt man an die Files darauf ran und man hat sie ja bezahlt. So lange der Mini im Besitz ist, sollte das kein Problem sein, könnte man meinen. Ab hier wird es aber schon wirklich schwierig, weil man dazu das System überwinden muss.
Was am Ende bleibt, ist soweit wie möglich die legalen Wege auszunutzen, sein Tun darüber öffentlich zu machen und damit zu signalisieren, dass ein Markt dafür da ist. Immer und immer wieder. Und eben auf die anderen Releases zu verzichten. Was anderes wüsste ich nicht. Wobei es zum Teil eine Gradwanderung ist, wie weit man eben bei der Gewinnung von Files gehen kann.